Hochwasser in Deutschland: Lage spitzt sich in mehreren Bundesländern zu

Die Weihnachtstage werden in diesem Jahr vor allem eines: nass. Vielerorts regnet es seit langem, zahlreiche Flüsse sind bereits über die Ufer getreten. Und während die Hochwassergefahr noch zunimmt, warnen Meteorologen und Landespolitiker vor unwetterartigem Niederschlag.

ADVERTISEMENT

Steigende Pegel, lokale Unwetterwarnungen: Hochwasserlage spitzt sich weiter zu

Gerade erst ist das Sturmtief „Zoltan“ über Deutschland hinweggezogen, nun droht zu Weihnachten neues Ungemach. Nach teils heftigen Regen- und Schneefällen warnen Behörden in mehreren Bundesländern vor gefährlichem Hochwasser.

Eine Entspannung ist laut dem Deutschen Wetterdienst (DWD) in Offenbach nicht in Sicht. „Die angespannte Dauerregen- und gebietsweise Hochwasserlage findet ihre Fortsetzung“, sagte DWD-Meteorologe Marcel Schmid. Der DWD hatte bereits am Samstagabend wegen des Dauerregens eine Warnung für Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Hessen, Bayern und Sachsen herausgegeben.

Angespannte Lage in Niedersachsen – vielerorts Warnstufe drei

Vor allem in Niedersachsen lässt der andauernde Regen die Pegelstände von Flüssen und Bächen weiter steigen. Nach Angaben des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten und Naturschutz (NLWKN) hatten am Sonntagmorgen 30 Pegel die dritte von vier Warnstufen erreicht. Diese Schwelle überschritten unter anderem die Flüsse Weser, Aller, Leine und Oker.

So etwa in der Landeshauptstadt Hannover. An der Messstation Herrenhausen stand der Leine-Pegel laut „Hannoverscher Allgemeiner Zeitung“ (HAZ) am Vormittag bereits bei 5,30 Metern – und damit einen halben Meter über der Marke von Meldestufe drei. Wegen des Regens und heftiger Windböen war die Feuerwehr im Dauereinsatz. Es seien viele Wasserschäden in Gebäuden gemeldet worden, zudem mussten auch Bäume beseitigt werden, teilte die Feuerwehr am Sonntagvormittag mit.

Im besonders von Starkregen betroffenen Süden des Landes warnte die Stadt Einbeck vor Lebensgefahr. Bereits in der Nacht zu Sonntag mussten zahlreiche Keller ausgepumpt werden, wie das „Göttinger Tageblatt“ (GT) berichtete. In Hameln-Pyrmont und Holzminden verschärfte sich die Lage an Heiligabend. Innerhalb von nur 48 Stunden hatten sämtliche Städte und Gemeinden eine „Sonderlage“ ausgerufen, wie die „Deister- und Weserzeitung“ (Dewezet) berichtete. An der Weser stiegen die Pegel schneller, als vorhergesagt. Die Emmer war so breit wie seit Jahren nicht.

Hohe Pegelstände und Dauerregen in Sachsen-Anhalt

Auch in Sachsen-Anhalt wurde angesichts des anhaltenden Regens ein weiteres Ansteigen der Pegelstände erwartet. Nach DWD-Angaben fiel zwischen Samstag- und Sonntagmorgen unter anderem auf dem Harzer Brocken, in Tangerhütte (Landkreis Stendal), in Naumburg (Burgenlandkreis) und in Wittenberg deutlich mehr Wasser vom Himmel.

Die Hochwasservorhersagezentrale gab unterdes Warnungen für Mulde, Aller und Havel heraus. An mehreren Messstellen des Landes waren die Alarmstufen eins und zwei überschritten, in Wolmirstedt im Landkreis Börde sowie in Tylsen im Altmarkkreis Salzwedel überschritten die Werte sogar die Alarmstufe drei. Mit Blick auf die Wettervorhersage des DWD konnte auch für den Sonntag zunächst nicht mit Entspannung gerechnet werden. Auf dem Brocken warnten die Expertinnen und Experten zudem vor Orkan.

ADVERTISEMENT

Bayern: Teilweise Meldestufe vier überschritten

Angesichts kräftiger Niederschläge bleibt die Hochwasserlage auch in Bayern in den nächsten Tagen angespannt. In einigen Landkreisen galt die Meldestufe drei. Der Hochwassernachrichtendienst (HND) warnte damit vor der Überschwemmung von bebauten Gebieten. Teilweise wurde auch die Meldestufe vier überschritten. Betroffen waren vor allem Franken und Ostbayern.

In den oberfränkischen Gemeinden Rödental (Landkreis Coburg) und Mainleus (Landkreis Kulmbach) stieg der Pegel in der Nacht knapp über die Meldegrenze der Stufe vier. Flüsse in den Landkreisen Amberg-Sulzbach, Coburg, Bayreuth, Würzburg, Schweinfurt, Passau und im schwäbischen Landkreis Donau-Ries erreichten in der Nacht die Meldestufe drei. In Neustadt (Landkreis Coburg) könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Pegel des Flusses Steinach auf Meldestufe vier ansteige und damit eine Überschwemmung von bebautem Gebiet in großem Umfang möglich sei.

Von Samstag auf Sonntag liefen in Oberfranken bereits einige Keller voll und Straßen wurden überschwemmt. In Mittel- und Unterfranken haben Einsatzkräfte mehrere Parkplätze geräumt, teilten die Polizeipräsidien mit. Auch mehrere Straßen wurden wegen des Hochwassers gesperrt. Im Landkreis Lichtenfels sind die Kreisstraßen LIF7 und LIF20 zurzeit nicht befahrbar, wie der Landkreis Lichtenfels am Sonntag mitteilte.

Hochwasserlage auch in Hessen angespannt

Angesichts ergiebiger Regenfälle blieb die Hochwasserlage auch in Teilen Hessens angespannt. An einzelnen Flusspegeln sei die Meldestufe 3 überschritten worden, teilte das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) an Heiligabend mit. Am Vormittag sei an 30 Pegeln die Meldestufe 1, an neun Pegeln die Meldestufe 2 und am Pegel Bad Karlshafen/Weser die Meldestufe 3 überschritten gewesen.

Da mit weiterem Dauerregen vor allem in den Staulagen von Rothaargebirge, Westerwald und dem Vogelsberg zu rechnen sei, seien die Flüsse Diemel, Eder, Fulda sowie die Lahn und ihre westlichen Einzugsgebiete besonders betroffen. Regional hätten hingegen die Niederschläge nachgelassen und die Hochwasserwellen seien von den Ober- in die Unterläufe abgeflossen, so dass diese nun verstärkt betroffen seien. Angesichts neuen Regens wurde zudem damit gerechnet, dass auch in Südhessen Meldestufen überschritten werden.

Behörden warnen in Nordrhein-Westfalen – „Bitte geben Sie aufeinander acht!“

Der anhaltende Dauerregen beschäftigte auch die Anwohnerinnen und Anwohner an den Flüssen und Bächen in Teilen von Nordrhein-Westfalen. Die Behörden bereiteten sich bereits am Samstag in mehreren Landesteilen auf Hochwasser und über die Ufer tretende Gewässer vor. So schickte die Bezirksregierung Düsseldorf Feuerwehrleute aus den umliegenden Kreisen und Städten zur Unterstützung nach Oberhausen, laut „Solinger Tageblatt“ etwa aus Remscheid, Solingen und Wuppertal.

Auch in Ostwestfalen an der Weser oder im Münsterland an der Ems haben die Behörden die hohen Pegelstände weiter im Blick. Am Sonntag gaben örtliche Behörden in mehreren Landesteilen Warnungen heraus. So wurde etwa in Bünde und Erwitte in Ostwestfalen oder im sauerländischen Warstein und Mönninghausen vor Überflutungen gewarnt.

In Köln und Düsseldorf blieb die Lage am Rhein weiter wie vorhergesagt relativ entspannt. Weiter südlich in Rheinland-Pfalz wird am Montag wegen des Hochwassers allerdings der komplette Fährverkehr zwischen Remagen-Kripp und Linz eingestellt. Auch in Westfalen mussten Rettungskräfte eingreifen. In einem Vorort von Münster rettete die Feuerwehr am Samstag eine Frau aus ihrem Auto, das in den überfluteten Bereich der Werse, einen Zufluss der Ems, geraten war.

ADVERTISEMENT

Flüsse in Thüringen treten über die Ufer

An Thüringens Flüssen begann sich die Lage an Heiligabend dagegen zu entspannen. „Wir erwarten für alle Pegel ab Mittag Beruhigung“, sagte Nils Fröhlich, Sprecher des Landesamts für Umwelt. Zwar geht der DWD gerade für die bereits vom Hochwasser teils stark betroffenen Gebiete in Nord- und Südthüringen von weiter teils noch bis zum Morgen des ersten Weihnachtsfeiertags anhaltendem Dauerregen aus. „Der Regen wird den Vorhersagen nach aber nicht so stark ausfallen wie in den vergangenen Tagen“, sagte Fröhlich.

Bereits am Sonntagmorgen sei an nur noch wenigen Messständen eine steigende Tendenz festgestellt worden. Gerade dort, wo die Pegelstände an den Flüssen aber die höchste Meldestufe erreicht hatten, könne es länger dauern, bis das Wasser abgeflossen sei, so Fröhlich. Die Leitstelle in Nordhausen hatte bereits am Samstagabend von zig Einsätzen der Feuerwehr berichtet. Verletzte seien bislang nicht bekannt, hieß es dort am Sonntagmorgen.

Hochwasser auch in Rheinland-Pfalz

Nach einer vorübergehenden leichten Entspannung dürften die Wasserstände in den Flüssen und Bächen in Rheinland-Pfalz angesichts weiterer Regenfälle wieder deutlich steigen. Die Hochwasservorhersagezentrale des Bundeslandes verwies an Heiligabend auf die weiter geltende Warnung des Deutschen Wetterdienstes vor Dauerregen.

Am Pegel Maxau am Oberrhein (Baden-Württemberg) rechnete die Hochwasservorhersagezentrale Rhein im Laufe des Sonntages mit einem Höchststand um 760 Zentimeter. In Mainz werde voraussichtlich erst am Dienstag der Höchststand oberhalb eines zweijährlichen Hochwassers um 600 Zentimeter erreicht. Bis zum Jahreswechsel dürften dann die Wasserstände am Oberrhein fallen, hieß es. Im Bereich des Pegels Maxau wurde der Rhein für die Schifffahrt gesperrt. Bei Speyer, Worms und Mainz müssen Schiffe langsam und in der Mitte des Rheins fahren.

Am Mittelrhein wurde auch mit steigenden Wasserstände aufgrund der Hochwasserwellen aus Mosel und Oberrhein gerechnet. Demnach würden die Höchststände an den Pegeln Kaub und Koblenz voraussichtlich am Dienstag um 650 Zentimeter erreicht.