Hochwasser in Deutschland: Sturmflut und steigende Pegel - Lage spitzt sich zu
Vielerorts regnet es seit langem, zahlreiche Flüsse sind bereits über die Ufer getreten. Während die Hochwassergefahr weiter zunimmt, warnen Meteorologen und Landespolitiker vor neuen unwetterartigem Niederschlag und Sturmfluten an Weser und Nordsee.
Sturmflut an Nordsee erwartet
Gerade erst war das Sturmtief „Zoltan“ über Deutschland hinweggezogen, nun gibt es zu Weihnachten neues Ungemach. Nach teils heftigen Regen- und Schneefällen warnen Behörden in mehreren Bundesländern vor gefährlichem Hochwasser. Am Montag (25. Dezember) werden neue Sturmfluten an Weser und Nordsee erwartet. Die Elbe in Hamburg sollte laut Prognose voraussichtlich am Montagnachmittag die Sturmflut-Schwelle von 1,5 Metern über dem mittleren Hochwasser (MHW) erreichen, wie das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) mitteilte.
Der Deutsche Wetterdienst (DWD) warnte am ersten Weihnachtsfeiertag weiterhin vor Dauerregen in mehreren Regionen. Zudem warnte er vor teils schweren Sturmböen im Norden und Osten, auf dem Brocken und Fichtelberg sogar vor orkanartigen Böen. In den Nordwest- und Weststaulagen vieler Mittelgebirge müsse mit Dauerregen gerechnet werden, der bis Dienstagmittag (26. Dezember) anhält. Der Wetterdienst warnt weiter vor Hochwassergefahr an vielen Bächen und Flüssen, im Erzgebirge dauere außerdem starkes Tauwetter an. Der DWD hatte bereits am Wochenende wegen des Dauerregens eine Warnung für Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Hessen, Bayern und Sachsen herausgegeben.
Die Dauerregenlage halte teilweise bis Dienstag an. Im Landkreis Göttingen waren am Sonntag 1500 bis 1800 Helfer im Einsatz, der Kreis rechnete mit Höchstständen an Flüssen über die gesamten Weihnachtstage.
Angespannte Lage in Niedersachsen und Bremen – Sturmflut erwartet
Angesichts der weiterhin angespannten Wetterlage warnt das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) in Hamburg vor Sturmfluten im Wesergebiet sowie an der niedersächsischen Nordseeküste. Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten und Naturschutz (NLWKN) rechnet wegen der anhaltenden Niederschläge damit, dass in der Nacht zu Dienstag die Pegel an der Aller, Leine, Oker und ihren Zuflussgewässern sowie der Hase wieder ansteigen. Auch an der Weser werde sich die Hochwasserlage weiter verschärfen, heißt es im Hochwasserbericht des NLWKN von Montagmittag. Die Scheitelwerte seien noch nicht erreicht. An einigen Pegeln könne es sogar zu Höchstständen kommen.
Der andauernde Regen lässt die Pegelstände von Flüssen und Bächen in Niedersachsen weiter steigen. Der Behörde zufolge hatten in der Nacht zu Montag 45 Pegel in Niedersachsen die dritte Warnstufe erreicht. Diese Schwelle überschritten unter anderem die Flüsse Weser, Aller, Leine und Oker. Bei Stufe drei ist die Überschwemmung von Grundstücken und größeren Flächen sowie von Straßen und Kellern möglich. „Die Böden sind aufgrund der Niederschläge der vorgegangenen Wochen stark gesättigt, so dass der Niederschlag unmittelbar zu einer Verschärfung der Hochwassersituation führt“, sagte Marlena Heunecke, Leiterin der Hochwasservorhersagezentrale des NLWKN.
Für den Harz gab der Deutsche Wetterdienst (DWD) eine Unwetterwarnung heraus. Bis Dienstagmittag werden demnach Niederschlagsmengen zwischen 50 und 80 Liter pro Quadratmeter erwartet, in sogenannten Staulagen - also am Rand des Gebirges - sogar von 90 Litern pro Quadratmeter. In Clausthal-Zellerfeld drohten Teiche überzulaufen, sagte Steffen Klenner, Sprecher des Kreisfeuerwehrverbandes Goslar. Auch in Rhüden und Vienenburg sei die Lage angespannt. Einsatzkräfte errichteten mit Sandsäcken Barrieren. Entscheidend werde auch sein, wie sich die Lage an den großen Talsperren im Harz entwickelt, sagte Klenner. In Celle musste ein Alten- und Pflegeheim vorsorglich evakuiert werden. Wegen der Hochwasserlage hat die Stadt Oldenburg ein Betretungsverbot für Deichflächen und dortige Wege erlassen.
Hohe Pegelstände und Dauerregen in Sachsen-Anhalt
Die Hochwasserlage ist vielerorts in Sachsen-Anhalt weiter angespannt. Die dritte von vier Hochwasseralarmstufen war am ersten Weihnachtsfeiertag an der Ohre am Pegel Wolmirstedt erreicht, an der Salzwedeler Dumme bei Tylsen, an der Mulde bei Golzern und der Unstrut bei Wangen, wie aus einer Übersicht der Hochwasservorhersagezentrale Sachsen-Anhalt hervorging. Die Tendenz wurde jeweils mit langsam steigend, gleichbleibend beziehungsweise sinkend angegeben. An diversen weiteren Pegeln verschiedener Flüsse im Land war die Alarmstufe 2 erreicht.
In Teilen Sachsen bleibt die Hochwasserlage angespannt. Am ersten Weihnachtsfeiertag galt an drei Pegeln der Mulde weiterhin die zweithöchste Alarmstufe drei der vierstufigen Skala. Konkret betraf das Golzern bei Grimma, die Freiberger Mulde bei Leisnig sowie Kriebstein. Die Hochwasserwelle laufe flussabwärts und werde am Dienstagmorgen den Scheitel in Bad Düben an der Grenze zu Sachsen-Anhalt erreichen, sagte Uwe Büttner vom Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie.
Nach tagelangem Regen entspannt sich die Hochwasserlage in weiten Teilen von Thüringen langsam wieder. Im Norden des Freistaates bleibt die Lage jedoch kritisch. Der Ort Windehausen im Kreis Nordhausen ist vom Wasser eingeschlossen und sollte ab Montagmittag komplett evakuiert werden, wie Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) schrieb. „Allen vom Hochwasser betroffenen Personen gilt meine Hoffnung alsbald nach Hause zurückkehren zu können“, schrieb Ramelow.
Die Hochwasserlage in Bayern hat sich etwas beruhigt. Der Hochwassernachrichtendienst (HND) spricht nicht mehr von einer angespannten Lage. „Wir werden das weiter beobachten, aber da es keinen maßgeblichen Niederschlagsinput gibt ist relativ absehbar, wie die Hochwasserwellen ablaufen werden“, sagte ein Sprecher. Die Überflutungen würden sich nun vor allem an die Unterläufe, wie die Donau, den Oberen Main, dem Regen sowie der Fränkischen Saal verlagern.
Angesichts ergiebiger Regenfälle blieb die Hochwasserlage auch in Teilen Hessens angespannt. An einzelnen Flusspegeln sei die Meldestufe 3 überschritten worden, teilte das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) mit. Am Sonntag sei an 30 Pegeln die Meldestufe 1, an neun Pegeln die Meldestufe 2 und am Pegel Bad Karlshafen/Weser die Meldestufe 3 überschritten gewesen.
Angesichts anhaltender Regenfälle und gesättigter Böden bleibt die Hochwassergefahr in vielen Teilen von Nordrhein-Westfalen hoch. Besonders stark betroffen bleiben nach Daten des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) von Montagvormittag die Weserzuflüsse im östlichen Landesteil. Gleich an sechs Messstationen der Weserzuflüsse, vier davon direkt in NRW, war die höchste Warnschwelle zu dem Zeitpunkt überschritten.